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Rosenthal

 

Die deutsche Porzellanfirma wurde 1879 als Werkstatt zur Dekoration von Weißporzellan von Philipp Rosenthal in Erkersreuth bei Selb gegründet. In den ersten Jahren dekorierte die Firma Sprudelbecher, Souvenirtassen und Wallfahrtsartikel, baute aber bereits 1889/90 eine eigene Porzellanfabrik in Selb, die Qualitätsporzellan produzierte (u.a. das Service «Versailles», 1894, oder die Mokkatasse «Modell No. 53», 1891) und bereits Bunt- und Stahldruckverfahren in ihrer Malereiabteilung anwendete.

Die gestalterische Dynamik des Jugendstils (und gleichzeitige Abkehr vom Historismus) erfasste die Gebrauchsporzellangestaltung bei Rosenthal ab 1899, was sich in neuen Gefäßsilhouetten, am Reliefzierrat, in neuen Dekortechniken und nicht zuletzt in Servicebezeichnungen wie «Flora» (1899), «Pâte sur pâte» (1899), «Iris» (1900), «Pensée» (1901) oder «Secession» (1901) zeigte. Im Gegensatz zu Firmen wie Meißen oder Nymphenburg verzichtete Rosenthal Anfang des 20. Jahrhunderts noch auf namhafte Designer. Erst 1914 entstand ein Service nach Entwürfen des Künstlers Bruno Paul (Teeservice «Antik»), das jedoch ohne Angabe des Künstlernamens auf den Markt gebracht wurde. Bei der Zierporzellananfertigung konnte Rosenthal dagegen schon ab 1900 Namen bekannter Künstler aufweisen, darunter K. W. Diefenbach, Karl Gross oder Adolf Opel. 1910 richtete Rosenthal eine spezielle Kunstabteilung für Ziergefäße und figürliches Porzellan ein, die von Julius-Vilhelm Guldbrandsen bis 1924 geleitet wurde. Charakteristisch für das Zierporzellan in der Zeit vom Ende des Ersten Weltkriegs bis Mitte der 20er-Jahre war die qualitätsvolle Bemalung. So entwarf Guldbrandsen das kobaltblaue Blüten- und Rankenmotiv «Rosari» und Kurt Wendler farbenprächtige Aufglasurdekore. Mitte der 20er-Jahre begann in der Kunstabteilung des Werkes Selb, zum einen bedingt durch den Weggang Gulbrandsens, zum anderen, um auf den geänderten Zeitgeschmack, den nun aktuellen «sachlichen Stil» einzugehen, eine Abwendung von der starken Farbigkeit. Die wichtigsten Designer dieser Jahre waren neben Hölzer-Defanti die Bildhauer Dorothea Charol («Pierrot», 1925), Gerhard Schliepstein («Prinz», «Prinzessin», «Musik», 1926/27), Gustav Oppel und Grete Zschäbitz («Fantasievogel», 1926). Die Geschirrabteilung der Firma Rosenthal brachte in den 20er-Jahren neben neubarocken Formen eine Reihe moderner Service heraus, u.a. nach Entwürfen des Münchner Kunstgewerblers Friedrich Fleischmann (Kaffeeservice «Madeleine») und Georg A. Matheys, der mit seinem Hotelgeschirr «760» (mit dezentem Randliniendekor) ideal dem sachlichen Stil der ausgehenden 20er-Jahre entsprach.

Typisch für die Rosenthal-Produktion der 30er-Jahre war das Nebeneinander von Moderne und Neubarock, das sich in der Kunstabteilung durch Entwürfe koketter Revuegirls oder schlicht naturalistischer Aktfiguren und Tierdarstellungen zeigte. Die Ziergefäß- und Dekorabteilung in Selb wurde ab 1934 durch Fritz von Stockmayer geprägt, der die Leitung der Kunstabteilung bis 1940 innehatte. In der Geschirrabteilung entstanden in den 30er-Jahren u.a. die Service «Daphne» (von Wilhelm Wagenfeld) und «Schönheit der Arbeit» (von Heinrich Löffelhardt).

In der Nachkriegszeit begann Rosenthal, die unkritisch übernommene Produktion der 30er-und 40er-Jahre zugunsten einer innovativen Formensprache und Farbgebung aufzugeben und sich einem mehr «organischen» Design zuzuwenden (das sich anfänglich jedoch nur schwer gegen die Tradition des Bauhauses und des Deutschen Werkbundes durchsetzen konnte). Mit dem «New Look», wie die neue Rosenthal-Kollektion von 1955 hieß, unternahm die Firma den Versuch, Bauhaustradition und «Nierentischstil» zu verbinden, und brachte in der Kunstabteilung u.a. Werke von Hans Wohlrab («Vase mit engem Hals»), Beate Kuhn (Dose «K 2202» und Vase «K 2644») heraus. Als wegweisend stellte sich die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Designer Raymond Loewy (zwischen 1951 und 1955) - er entwarf u.a. das Kaffeeservice «2000» - und dem Keramiker Jan Bontjes van Beek heraus, der die Vasenserie «K 2637» schuf. Ein oft kopierter Verkaufserfolg wurden die asymmetrische Vase von Fritz Heidenreich sowie die Modelle von Hanns Hoffmann-Lederer. Wilhelm Wagenfeld kreierte 1953 zwei Reliefschalen für die neue «Rosenthal-Linie» sowie ein Kaffee- und Speiseservice für das Zweigwerk Thomas in Marktredwitz. Erfolgreiche Service schufen bis Ende der 50er-Jahre Hans Theo Baumann (Teeservice «Berlin», 1959), Elsa Fischer-Scharrer, Otto Koch (Koffergeschirr «20:1»), Rudolf Lunghard (Mokkaserie «Oval», 1951), Richard Scharrer und Bjørn Wiinblad (Kaffeeservice «Romanze», 1951).

1960 eröffnete Rosenthal die ersten «Studio-Häuser» für zeitgemäßes Design, 1961 führte die Firma die Rosenthal «Studio-Linie» ein, die eine Vielfalt künstlerischer Erzeugnisse präsentierte, über deren Aufnahme eine unabhängige Jury von Designexperten mitentschied. In den ersten Jahren prägten vor allem die skandinavischen Designer die Entwürfe der «Studio-Linie»: Tapio Wirkkala (Service «Variation», 1962; «Composition», 1963; «Tea for two» - auch als «Porcellaine noire» bekannt -, 1963; «Modulation», 1967; «Assam», 1968; «Century», 1969, mit einer dem chinesischen Reiskornmuster ähnlichen Oberflächenstruktur, Bügelgriffe aus Metall an Kannen und Terrinen) und Bjørn Wiinblad (Service «Lotus», 1964; «Zauberflöte», 1968).

Meilensteine in der Entwicklung der Rosenthal-«Studio-Linie» war die Einführung der Rosenthal-Reliefreihe 1968 (ab Mitte der 70er-Jahre «Rosenthal Limitierte Kunstreihen»), die limitierte Objekte in den Werkstoffen Porzellan, Keramik und Glas - entworfen von international anerkannten Künstlern wie Otto Herbert Hajek, Henry Moore, Marcello Morandini («Onda Costrutta», 1980), Günther Uecker, Paul Wunderlich, Niki de Saint-Phalle (Keramikobjekt «Nana», 1973), Victor Vasarely oder Salvador Dalí beinhaltete. Großen Erfolg hatte auch das Teeservice «TAC I» (1969) von Walter Gropius.

Für die Kollektion der «Künstlersammeltassen» (1988) entwarfen Künstler und Designer wie Otmar Alt, Barbara Brenner, Dorothy Hafner, Johan van Loon, Marcello Morandini, Gilbert Portanier, Otto Piene und Paul Wunderlich. Für die Künstlerespressotassen (die auf der Form «Cupola» basieren) entwarfen Künstler wie der Niederländer Maarten Vrolijk (Tasse Nr. 21, 1993) und der indonesische Designer Yang (Tasse Nr. 22, 1993). Darüber hinaus produzierte Rosenthal in der «Studio-Linie» Gläser (von Michael Boehm, Richard Latham oder Wolf Karnagel) sowie Bestecke.

Hans Theodor Baumann schuf das mit dem holländischen Designpreis Gulden Vorm ausgezeichnete Besteck «Berlin», Bjørn Wiinblad entwarf das verspielte «Asimetria» und die rustikalen Modelle «Brotzeitbesteck» und «Grillbesteck» (mit Griffen aus Hartporzellan). Von Tapio Wirkkala stammen die Klassiker «Composition» (alle Teile plastisch aus einem Stück herausgearbeitet), «Kurve» und «Taille». Marcello Morandini zitierte mit seinem 1993 entworfenen Besteck «Cambio» die klassische Moderne und überraschte mit einem extravaganten Detail: treppenartig abgestuften Gabelzinken. Das Besteck «Maestro» (1993) von Harald Lampert zeigte an den Griffen eine Art-déco-Ornamentik

Zu erfolgreichen Entwürfen der 90er-Jahre wurden Dekore (1993) von Gianni Versace, die Porzellanservices «Blue hour» von Johan van Loon, «Scenario» von Barbara Brenner (eine künstlerisch geprägte Stadtlandschaft en miniature mit architektonisch anmutenden Kannen, Tellern, Tassen, Gießern und Dosen), «Mythos» von Paul Wunderlich, «Spirit» (1993) von Dorothy Hafner und die Frogdesign-Kreation «Avenue» (in sieben Dekoren, u.a. «Paris» und «New York»), die als Leitmotiv die Schräge hat. Im Relief vorgegeben, setzt sie ihre auf- und abwärtsstrebende Bewegung in den parallel verschobenen Henkeln fort und lässt die Tellerfahnen mit einem markanten Schwung ansteigen. Bei den limitierten Kunstobjekten ragten Arbeiten von Otmar Alt («Elefant auf Brautschau» und «Rübennase», 1993), Rainer Fetting («Der Pelikan», 1993) und Tom Wesselmann («Landscape», 1993) heraus. 1994, zum 75. Gründungsjubiläum des Bauhauses interpretieren 12 Künstler die legendäre Form «TAC I» von Walter Gropius neu. 1997 kreierte Jasper Morrison die minimalistische Form «Moon», die in der besten Tradition der klassischen Moderne steht. Das Geschirr verzichtet auf jegliche Effekte; jedes Detail ist in der Funktion begründet. »Moon« und die dazugehörigen Accessoiresserien «Moon C-Line» und «Moon Cova» sind heute mehrfach ausgezeichnete Design-Klassiker, u.a. Roter Punkt / Red Dot Award (1997) Internationaler Designpreis Baden Württemberg (1998) Designauszeichnung «Die Gute Industrieform» / iF (2002).

Im neuen Millennium produzierte Rosenthal die «Andy Warhol Collection» (2002), für die Rosenthal von der Warhol Foundation exklusiven Zugang zum visuellen Gesamtwerk von Andy Warhol erhielt, das Service «Coup» von Konstantin Grcic (2003), das Service «Units» von Vogt + Weizenegger (2004), die Kochgeschirrkollektion «Genio» (2006) von Stefan Diez sowie die «Landscape»-Kollektion (2008) von Patricia Urquiola – ein bahnbrechendes Tafelkonzept aus Porzellan, Glas, Besteck und Accessoires, bei dem vor allem die extrem dünnen Scherben sowie die unterschiedlichen Reliefs und Dekorationen bestechen, die sich wie eine Landkarte durch das gesamte Service ziehen. Großen Anklang fand auch das Geschirr «A la Carte» (mit den Gedeckvariationen Origami, Nimbus, Poncho, Scoop, Tatami und Papayrus) vom Designerteam Cairn Young und Robin Platt.

Rosenthal war bis 2009 ein eigenständiges Unternehmen innerhalb der Waterford Wedgwood Holding, die die Firma 1997 übernahm. Die Gruppe Sambonet Paderno Industrie übernahm Rosenthal im Jahr 2009 und gründete die Rosenthal GmbH. Hauptsitz des Unternehmens ist Selb in Deutschland.

Im Jahr 2000 übernahm Rosenthal die Traditionsmarke Hutschenreuther. 2004 wurde in In Selb-Plößberg das Rosenthal-Museum eröffnet und man gründete die Marke «Home Designs». Seit 1992 stellt Rosenthal unter der Marke «Rosenthal Einrichtung» auch Möbel her, u.a. die Programme« «Prisma», «Ypsilon», «Muevo», Cetera», «Quadrindo» und «Online2». Im April 2011 gab Sambonet Paderno bekannt, zusätzlich zu exklusivem Porzellangeschirr unter dem Namen «Arthur Krupp» eine günstigere Serie für Kantinen, Restaurants und kleine Hotels produzieren zu wollen. Für diesen Wechsel gab er den kontinuierlich sinkenden Absatz für das Hochpreissegment und einen anwachsenden Kostendruck wegen neuer Produzenten aus Niedriglohnländern an. © Königsdorfer Medienhaus, Frechen (René Zey)

 

www.rosenthal.de

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