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Konstruktivismus

 

Der Konstruktivismus entstand um 1913 in Russland und gilt als eine der großen Kunstströmungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Als streng gegenstandslose Stilrichtung besaß er insbesondere für die Entwicklung und Etablierung der abstrakten bzw. konkreten Kunst fundamentale Bedeutung. Basierend auf geometrischem Formenvokabular, reflektiert er einerseits die autonome Wirkung von Farbe und Form, verfügt andererseits über praxisorientierte Tendenzen, welche die neue Ästhetik für gesellschaftliche Aufgaben nutzbar zu machen suchten. Kennzeichnend sind außerdem interdisziplinäre Bestrebungen, Malerei, Bildhauerei, Kunstgewerbe und Architektur auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen. Die Technikbegeisterung des Konstruktivismus führte nicht nur zur Verwendung industrieller Materialien, sondern auch die formalästhetischen Mittel lehnen sich z.B. an den Ingenieurbau an.

Unter dem Eindruck der Begegnung mit Pablo Picasso 1913 in Paris befreite Wladimir Tatlin in seinen «Kontra-Reliefs» die kubistische Technik der Collage von jeder gegenständlichen Bedeutung, um ihr durch Metallplatten, Draht, Holz oder Glas einen reliefartigen Charakter zu verleihen. Im selben Jahr fand Kasimir Malewitsch mit seinem berühmten Bild «Schwarzes Quadrat auf weißem Grund» zu einer extremen Reduktion auf eine einzige geometrische Primärform. Die Bildgestalt - vollkommen gelöst von der Gegenstandswelt - gehorcht allein ihren eigenen, mathematisch-rationalen Gesetzen.

Mit Tatlin und Malewitsch stehen sich die funktionalistische und die transzendente Ausprägung des Konstruktivismus diametral gegenüber. Die künstlerischen Intentionen Tatlins, El Lissitzkys und Alexander Rodtschenkos sind geprägt von der Absicht, die Kunst den Bedürfnissen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, wie Beispiele in den Bereichen (Ausstellungs-)Architektur, Bühnenbild, Design oder Typografie veranschaulichen. Lissitzky vollbrachte neben seinen bekannten «Prounen» bedeutende Leistungen in Typografie und Ausstellungsarchitektur («Kabinett der Abstrakten», Hannover 1927). Sein Entwurf der «Lenintribüne» (1924) zählt zu den eindrucksvollsten Verbindungen von Industrial Design, Malerei, Architektur und Skulptur. Im Grafikdesign verdienen die Plakatentwürfe von Gustav Kluzis Beachtung, im Kunstgewerbe das Porzellan von Nikolai Sujetin und schließlich im Textildesign die streng gereihten Stoffmuster von Ljubow Popowa oder Warwara Stepanowa. Eine überragende Arbeit von großer symbolischer Bedeutung für das neue Verhältnis von Mensch und Technik stellt das «Monument der III. Internationale» (1919/20) von Tatlin dar. Geplant als Denkmal und gigantische Architektur zugleich, sollte es eine Höhe von 400 Metern erreichen, konnte jedoch nicht verwirklicht werden.

Während sich der Konstruktivismus im Sog der Oktoberrevolution rasch entfaltete und ab etwa 1920 wesentlichen Einfluss auf die internationale Kunst ausübte, vereitelten 1921 die Richtlinien der «Neuen ökonomischen Politik» Lenins jede weitere Entwicklung. Gefordert wurde statt dessen die Rückkehr zu einer realistischen Kunst, die wenige Jahre später in den staatlich verordneten Sozialistischen Realismus mündete.

Die Auswirkungen des Konstruktivismus erfassten bald durch László Moholy-Nagy das Bauhaus, während bereits ab 1917 die De-Stijl-Bewegung in Holland unter Theo van Doesburg und Piet Mondrian sehr ähnliche Ziele verfolgte. Sein weit reichender Einfluss erstreckt sich über die Konkrete Kunst auf Op Art und Hard Edge, ebenso wie auf Minimal Art oder Computerkunst. Innerhalb des Designs fand der Konstruktivismus in dem sich aus industriellen Materialien konstituierenden Hightech eine Reflexion.

In der Architektur knüpft der Dekonstruktivismus am geometrischen, sachlichen Formenvokabular an, um jedoch nicht zu einer harmonisch ausgewogenen Ordnung der Teile zu gelangen, sondern ein heterogenes, «zusammenstürzendes» Konglomerat neu zu schaffen. © Königsdorfer Medienhaus, Frechen (René Zey)

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