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Bauhaus, Staatliches

 

1919 gründete Walter Gropius in Weimar das Staatliche Bauhaus, eine interdisziplinär konzipierte Hochschule der Künste, des Kunsthandwerks und des Industriedesigns. Das Bauhaus gilt als das führende intellektuelle und kreative Zentrum des Modernismus, es legte die Grundlagen des modernen Designs, wie es bis in die 60er-Jahre international gepflegt wurde.

In seinem Gründungsmanifest formulierte Gropius die Ziele des neuen Instituts, die er in erster Linie in der Einheit der Künste unter der Führung der Architektur sowie in der Synthese von Handwerk und Kunst sah. Auf diese Weise sollten einerseits im Bereich von Kunsthandwerk und Design grundsätzliche Erneuerungen eingeleitet, andererseits die Kunst aus ihrer Wirklichkeitsdistanz befreit werden. Ein zentrales Ziel bestand in der engen Zusammenarbeit von Kunst und Industrie, um neue ästhetische Prinzipien für die Massenherstellung von Gebrauchsgegenständen nutzbar zu machen. Ebenso wichtig wie neuartig war das kunstpädagogische Konzept, das eine sechsmonatige Vorlehre, eine dreijährige handwerkliche und eine abschließende künstlerische Ausbildung vorsah.

Die Bauhauslehrer im Bereich von Handwerk und Kunst waren der Idee nach als «Meister des Handwerks» und «Meister der Form» einander gleichgestellt, was sich in der Praxis indes nie ganz durchhalten ließ. Der Begriff Bauhaus deutet auf den Gemeinschaftssinn und die Gleichstellung von Kunst und Handwerk unter Führung der Architektur, wie sie in mittelalterlichen Dombauhütten gepflegt wurden. Als wichtige Vorläufer sind die Erneuerer des englischen Kunsthandwerks William Morris und John Ruskin anzuführen. Maßgeblichen Einfluss auf Gropius übte die Darmstädter Künstlerkolonie (gegründet 1898/99) mit Joseph Maria Olbrich und Peter Behrens aus; nicht zuletzt auch der Deutsche Werkbund (gegr. 1907), dem Gropius selbst angehörte und der nachdrücklich die Verbindung von bildender Kunst und Industrie forderte.

Die Entwicklung des Bauhauses von 1919 bis 1933 lässt sich in vier verschiedene Phasen unterteilen, wobei bis etwa 1925 eine Dominanz der bildenden Kunst und des Kunsthandwerks, danach eine zunehmende funktionalistische Ausrichtung und eine Stärkung des Industriedesigns zu beobachten ist. Die Gründungsphase zwischen 1919 und 1924 ist durch den Einfluss des Expressionismus und durch die besondere Wirkung der künstlerischen Ausbildungsfächer gekennzeichnet. Seit 1919 waren als Lehrer Lyonel Feininger, Johannes Itten, Gerhard Marcks und Adolf Meyer unter der Führung von Walter Gropius tätig. 1920 wurden Georg Muche, 1921 Paul Klee und Oskar Schlemmer, 1922 Wassily Kandinsky und schließlich 1923 László Moholy-Nagy an das Bauhaus berufen. Moholy-Nagy löste Itten und dessen meditativ geprägten Unterricht ab und nahm statt dessen rationale, konstruktive Ausrichtungen vor, wodurch sich bereits eine Tendenzwende zum Funktionalismus abzeichnete. 1921/22 hielt Theo van Doesburg viel beachtete Seminare, in welchen er die Theorien des Neoplastizismus des niederländischen De Stijl vorstellte.

1924 machte dem Bauhaus in Weimar konservative und reaktionäre Polemik zu schaffen, sodass 1925 der Umzug nach Dessau vollzogen wurde, womit zugleich die zweite Phase von 1925 bis 1928 einsetzte. Gropius hatte 1925/26 den Gebäudekomplex in Dessau errichtet; er zählt heute zur bedeutendsten Avantgardearchitektur der 20er-Jahre in Deutschland. 1925 stießen Josef Albers und der erst 23-jährige Marcel Breuer, ehemaliger Bauhausstudent, zum Lehrkörper. Letzterer schuf mit seinen Stahlrohrsesseln Designklassiker von enormer Ausstrahlung auf die internationale Möbelproduktion der folgenden Jahrzehnte. Die Ausbildungsmethodik wurde zugunsten von Architektur und Design verändert, was eine Zunahme sachlicher, auf industrielle Verwertung ausgerichteter Konzeptionen bedeutete. Unter Herbert Bayer (ab 1928 unter Joost Schmidt) verfolgte die Abteilung für Typografie und Reklame ein rationales, an den Forderungen der Massenkommunikation orientiertes Grafikdesign. Gunta Stölz betrieb als Leiterin der Textilabteilung Forschungen nach neuen (synthetischen) Fasern für eine industrielle Nutzung.

1928 legte Gropius den Vorsitz nieder, der bis 1930 von dem Architekten Hannes Meyer übernommen wurde. Diese dritte Phase ist von einem großen Umschwung gekennzeichnet, indem die bildenden Künste weitgehend einer Technisierung und Funktionalisierung zu weichen hatten. Ludwig Hilbersheimer wurde als Leiter der Abteilung Wohnungsbau und Städteplanung, Walter Peterhans als Leiter der Werkstatt für Fotografie berufen. Nach dem Motto «Volksbedarf statt Luxusbedarf» leitete Meyer die systematische Erforschung von Bedürfnissen eines breiten (Käufer-)Publikums ein. Bauhausprodukte wie preiswertes Mobiliar, Lampen, Industrietextilien oder die berühmten Bauhaustapeten behaupteten sich erfolgreich auf dem Markt. (Sofern diese Produkte noch heute in Lizenz hergestellt werden und vom Bauhausarchiv in Berlin genehmigt wurden, tragen sie das 1922 von Oskar Schlemmer entworfene Bauhaussignet.) Die Analyse gesellschaftlicher Faktoren war für Meyers «funktionelles Bauen» von zentraler Bedeutung.

Unter diesen Vorzeichen spitzte sich der Konflikt zwischen den Vertretern der bildenden Kunst und denjenigen des Funktionalismus immer weiter zu, sodass schließlich 1930 Ludwig Mies van der Rohe als neuer Leiter berufen wurde, unter dessen Führung das Bauhaus zwar eine Entpolitisierung, jedoch nicht die erhoffte Rückbesinnung erfuhr, da er einen Richtungswechsel zur Architektur vollzog. 1932 wurde das Bauhaus in Dessau geschlossen. Ein Umzug nach Berlin in eine stillgelegte Telefonfabrik konnte das Ende nicht mehr abwenden: Am 20. Juli 1933 wurde das Bauhaus auf massiven Druck der Gestapo aufgelöst.

Die Wirkung des Bauhauses auf die künstlerische Situation der 20er-Jahre, auf Design, Kunsthandwerk und Architektur, kann gar nicht überschätzt werden. Zwischen 1925 und 1931 erschienen 14 Bauhausbücher, die - ebenso wie die Bauhaus-Zeitschrift (1926-1931) - die rasche Verbreitung der neuen künstlerischen Konzepte bewirkten. Die Emigration fast aller Bauhauslehrer in die USA, die dort an verschiedenen Hochschulen unterrichteten, setzte den Einfluss des Bauhauses nachhaltig auf internationaler Ebene fort. Nicht zuletzt gewann es für Design und die Architektur der USA initiierende Bedeutung. 1937 gründete beispielsweise Moholy-Nagy in Chicago ein Bauhaus (heute das Chicago Institute of Design). In Deutschland kam der 1955 von Max Bill u.a. in Ulm gegründeten Hochschule für Gestaltung die Rolle der wichtigsten Nachfolgeinstitution zu. Die oft radikalen Ideen der HfG wurden jedoch vor allem Ende der 70er-Jahre angegriffen, als der Funktionalismus durch neue Tendenzen und Gruppierungen in Frage gestellt wurde.

1961 wurde in Darmstadt das Bauhausarchiv gegründet (seit 1971 Sitz in Berlin). 1976 beherbergte das rekonstruierte Bauhaus in Dessau zunächst das «Wissenschaftlich-kulturelle Zentrum Bauhaus» und ab 1984 das «Bildungszentrum Bauhaus». 1987 erfolgte die Zusammenfassung beider Institutionen zum Bauhaus Dessau. 1994 wurde die Stiftung Bauhaus Dessau gegründet. Seit 1999 wird am Bauhaus wieder gelehrt. © Königsdorfer Medienhaus, Frechen (René Zey)

 

www.bauhaus.de

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